Die evangelisch-lutherische St. Andreas-Kirche
Die Unterschlauersbacher Wehrkirche mit Chorturm in befestigtem Friedhof auf einer Anhöhe am Rande der Ortschaft gehört, wie eingangs gezeigt, zu den typischen mittelalterlichen Sakralbauten der fränkischen Dörfer. Sie ist dem heiligen Andreas geweiht. Ort und Kirche werden in den ersten uns bekannten Schenkungsurkunden immer zusammen genannt, so 1124, 1316 und 1324. Dadurch ist erwiesen, daß spätestens am Anfang des 12. Jahrhunderts die Siedlung am Schlauersbach ein Kirchlein hatte. Es ist später durch das jetzige Gotteshaus ersetzt worden. Die Anlage des Langhauses und das Turmuntergeschoß dürften auf die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts zurückgehen. Wie der Bau erfolgt ist, läßt sich nicht mehr feststellen. Überliefert ist allerdings eine im Jahre 1487 durch den Würzburger Bischof erfolgte Weihe. Welcher Teil eingeweiht wurde ist nicht bekannt.
Nach 1720 erhielten die Turmgeschosse Fachwerk, das Langhaus wurde erneuert und erhöht. 1845 ist die Südseite neu ausgeführt worden, die Nordseite ausgebessert und mit Fenstern entsprechend der Südseite versehen worden. Umfassende Renovierungsarbeiten wurden 1976/78 durchgeführt, u. zw Erneuerung des Fußbodens, der Holzdecke, der Gestühle, der Verglasung, der Innenbemalung und der elektrischen Installation, ferner Sicherung der Kunstschätze, Außendränagen und Entfeuchtungsmaßnahmen um den Kirchenbau. Die Einwohner haben durch ihre Spendefreudigkeit und Eigenleistung dazu beigetragen, daß ihr Gotteshaus wieder zu einem wahren Schmuckkästchen wurde.
Beschreibung
Der Turm erhebt sich über einem quadratischen Untergeschoß mit Längstonnengewölbe. Das kleine rundbogige Ostfenster mit tiefem Schräggewände hat den ursprünglichen Zustand der Wehrkirche behalten. Das andere gedrückte, spitzbogige Fenster ist später erweitert worden. Es ist anzunehmen, daß der Turm ursprünglich ein Massivbau war, der erst im 18. Jahrhundert Fachwerkobergeschosse erhielt (das Fachwerk ist zur Zeit verputzt). Die von außen am Untergeschoß sichtbare kleine profiliertgerahmte Rundöffnung mit sternartigem Zackenkranz könnte aus einem älteren, spätromanischen Bau stammen. Das Glockengeschoß hat stichbogige Schallfenster und über profiliertem, hölzernem Traufgesims einen Spitzhelm.
Während der Chor dank seines Flügelaltars sein gotisches Gepräge behielt, ist das Langhaus durch die nach 1720 erfolgten Umbauten (Fenstererweiterung, Erhöhung des Innenraumes) und Innenausstattung (Decke, Emporen, Kanzel, Taufstein) barockisiert worden.
Spätgotische Flügelaltäre gehören heute zur wertvollen Ausstattung einer Kirche. Während man sie bedauerlicherweise in Großhabersdorf im 18. Jahrhundert verkaufte, behielten Unterschlauersbach und Oberreichenbach ihre Altäre. Auch andere Kirchen im künstlerischen Ausstrahlungsbereich Nürnbergs bewahren derartige Altäre, wie beispielsweise die Kirche in Veitsbronn.
Der gotische Flügelaltar von Unterschlauersbach wird dem Meister des Martha-Altars der Lorenzkirche zu Nürnberg zugeschrieben und dürfte um 1500 entstanden sein. Er hat einen festen Mittelschrein und zwei bewegliche Seitenflügel, die während der Passionszeit geschlossen werden und ihre Außentafeln zeigen.
Die Reliefplastik des offenen Mittelschreines stellt den heiligen Andreas sitzend dar; auf den beiden Flügeln sind in geöffnetem Zustand zu sehen, die Relieffiguren der Mutter Gottes (links) und des heiligen Kilian (rechts), in geschlossenem Zustand auf vier Tafelbildern Darstellungen aus der Legende des heiligen Andreas (Andreas verweigert den Götzendienst, Taufszene, Andreas am Kreuz, Andreas betet vor dem Kreuz).
Zwischen dem Flügelaltar und dem Altartisch (Mensa) befindet sich die sogenannte Predella, die gleichzeitig die Funktion eines Reliquienschreines hat. In geschlossenem Zustand sind auf den Predellaflügeln dargestellt, die heiligen Katharina, Kunigunda, Brigitta und Barbara, auf den Innenseiten jeweils ein betender Engel. Der Predellaschrein verwahrt auf Kissen drei Kugeln, die in Augenform bemalt sind und als Augenreliquiare gedeutet werden.
Der Altartisch ist ein viereckiger Steinblock mit überstehender, geschrägter Platte.
Das Langhaus besitzt eine verlattete Flachdecke und an der Nord- und Westseite je eine Doppelempore mit gefelderter Brüstung auf profilierten Sohlbalken mit Zahnfries. Die Fenster des Langhauses waren anfangs entsprechend dem Wehrcharakter der Kirche kleiner. Sie sind später erweitert und erhöht worden bzw neue Fenster gebrochen worden.
Aus der Zeit um 1700 stammt die Kanzel. Sie ist an der Südostecke des Langhauses an einem Pfeiler angebracht. Ihr Korpus stützt sich auf eine geschwellte Holzsäule, die Brüstung ist in Muschelnischen gegliedert, an den Kanten der polygonalen Felder hängen fruchtartige Gebilde, den Ober- und Unterrand zieren Knorpelornamente. Über dem Schaildeckel ist eine einfache Volutenkrone angebracht.
Der Taufstein ist jenem von Großhabersdorf und Vincenzenbronn ähnlich. Auf einem bemalten Sandsteinaufbau trägt ein kleiner, mit einer Schärpe umhüllter stehender Engel auf dem Kopf das Muschelbecken. Die am oberen Rand des Balkens angebrachte Stifterinschrift lautet:
,,Mag. Johann Martin Seybold Generalfeldmarschal Diemar Jäger Frau Maria Eva in Homseeg [en]AO 1752~~.
In der Kirche werden zwei Vortragekreuze aufbewahrt: von 1745 und von 1859. Bei dem älteren besteht der obere Teil aus einem Totenkopf, darüber Christus am Kreuz mit Maria und Johannes zur Seikte. An den Enden der oberen Kreuzenden sind Engelsköpfe angebracht.
Zwei ältere Tafelbilder, von denen eines an der Süd-wand (hl. Jakobus), das andere in der Sakristei (Henkers-knecht) hängt, dürften Reste eines ehemaligen Flügelaltars aus der Zeit um 1500 sein.
Ab wann die Kirche eine Orgel besaß, ist uns nicht bekannt. Wir wissen bloß, daß die Kirchengemeinde 1847 eine Orgel kaufte, die damals 50 Jahre alt war. Größere Reparaturen des sechsregistrigen Werkes waren in den Jahren 1857 - 1860, 1863 - 64,1866-1867 und 1883 notwendig. Im Jahre 1893 baute Johannes Strebel eine neue Orgel, die im Zuge der Kirchenrenövierung 1979 durch ein neues Werk der Firma Erich Bauer, Unterasbach, ersetzt wurde, wobei das alte veränderte Gehäuse als Brüstungswerk wieder verwendet wurde. Die Disposition lautet:
Manual (C-g’’’)
Gedackt 8’
Prinzipal 4’
Rohrflöte 4’
Kleinpommer 2’
Oktav 1’ Scharff 1’ 3fach
Pedal (C-f’)
Subbaß* 16’
Gedacktbaß* 8’
Choralbaß* 4’
Zimbelstern
Pedalkoppel
Die mit * gekennzeichneten Register stammen vom Vorgängerinstrument, der Strebel-Orgel von 1893. Diese hatte folgende Disposition:
Manual (C-f’’’)
Prinzipal 8’
Gedackt 8’ (1979 übernommen als Gedacktbaß 8’)
Salicional 8’
Oktav 4’ (1979 übernommen als Choralbaß 4’)
Flöte 4’
Pedal (C-d’)
Subbaß 16’ (1979 übernommen)
Oberkoppel • Pedalkoppel
Der Strebe lsche dreiteilige Prospekt wurde zwar beibehalten, das mittlere Pfeifenfeld jedoch verkleinert. Über dem Zimbelstern wurde die Sitzfigur des Königs David mit der Harfe gestellt, die vermutlich aus einem älteren Orgelgehäuse stammt. Die dazugehörenden Engelsfiguren, die vor längerer Zeit dem Germanischen Nationalmuseum verkauft wurden, konnten nicht wiederbeschafft werden.
Die Sakristei ist im nördlichen Turmwinkel angebaut und durch eine rechteckige Türe aus dem Chor zu erreichen. Sie birgt u.a. einen gotischen Schrank mit Flach-schnitzerei, der mit einem komplizierten Schloß versehen ist.
Von außen wirkt die Kirche massig und durch ihr flaches Dach gedrungen. Die als Baumaterial verwendeten Steinquader unterschiedlicher Größe sind gut sichtbar. Der Eingang in die Kirche erfolgt durch ein rundbogiges Südportal, das 1845 diese Form erhielt. An der Nordwand ist ein Fenster in eine Aufstiegstüre zur Empore umgewandelt worden.
Spätestens seit 1595 zeigt eine Uhr auf dem Turm die Stunden an. In diesem Jahr kaufte nämlich die Unterschlauersbacher Kirchengemeinde die Großhabersdorfer Kirchturmuhr. Im Turmge schoß befindet sich heute außer dem jetzigen Uhrwerk, das von K. Lechner aus Guttenstetten bei Neustadt/Aisch stammt, noch ein älteres abgestelltes Uhrwerk. Uhr und Glocken werden jetzt elektrisch betrieben.
In dem Unterschlauersbacher Turm hängen zwei alte Glocken. Die älteste, um 1400 von dem Nachfolger Hermann Kesslers II in Nürnberg gegossen, hat einen Durchmesser von 73 cm und eine Höhe von 61 cm. Die Schulter inschrift lautet: ,,ECE . KON . SIPIENS . ETZ PARIENS. HLIVUM. ETZ. IMEO + BIT. NOMENE IESVUS - HICH. Der sehr undeutlichen und zum Teil vergossenen Inschrift liegt die Bibelstelle ,~Ecce virgo concipietetparietfilium cuius nomen est Jesus" zugrunde. Als Worttrennungen dienen Glöckchen und Sechsblattrosen.
Auch die zweite Glocke ist unbezeichnet. Aufgrund ihrer Merkmale kann sie der Nürnberger Gießhütte der Familie Glockengießer zugeschrieben werden, die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gelebt hat. Der Durchmesser der Glocke mißt 68 cm, ihre Höhe 55 cm. Die Schulterinschrift zwischen Zinnen- und Kleeblattbogenfries mit Kreuzblumen hat folgenden Text: ,~ave. maria . gracia . plena . dominvs . tecvm"; als Trennungszeichen zwischen den Wörtern Glöckchen.
Die ehemalige Wehrmauer ist an der Ost-, West- und Südseite durchschnittlich 2 m hoch. An der Nordseite ist sie erweitert worden, um Platz für die Leichenhalle zu schaffen.
Daß die Ummauerung einst einen Wehrgang hatte, dafür zeugen Reste eines Treppenaufgangs an der Ostinnenmauer. Das rundbogige Friedhofstor und die stichbogig überwölbte Durchfahrt sind als Reste eines ehemaligen Torhauses übriggeblieben. Eine Reihe von Steinquadern der alten Kirchhofmauer dürften für die Brüstung der Marktgasse gegen Erdrutschungen verwendet worden sein.
Im Friedhofhaben sich zwei Grabplatten des mittleren 18. Jahrhunderts erhalten. Sie stammen von der Unterschlauersbacher Müllersfamilie (zu erkennen durch Reliefs des Mühlrades). Neben dem Toreingang sind die Gedenktafeln für die Gefallenen der beiden Weltkriege angebracht. Sie hingen bis vor kurzem in der Kirche, wurden aber denkmalpflegerischen Gepflogenheiten folgend nach außen versetzt.